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Nawalny

Navalny
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Foto: Alexandra Astakhova

Alexej Nawalny

Politiker

19 Jahre Haft, im Gefängnis ermordet

„Ihr denkt jetzt bestimmt, dass ich verrückt bin und ihr alle normal, weil man doch nicht gegen den Strom schwimmen darf“, wandte sich Alexej Nawalny, Russlands bekanntester Oppositionsführer, während einer Gerichtsverhandlung im Juli 2023 an die Richter und Gerichtsdiener. „Ich denke aber, die Verrückten, das seid ihr. Womit verschwendet ihr eure Lebenszeit? Damit, dass ihr euch schwarze Roben überzieht und diejenigen schützt, die auch euch betrügen? So helft ihr doch nur einem, der schon zehn Paläste besitzt, sich noch einen elften zu bauen!“

Wenige Tage später wurde Nawalny zu 19 Jahren Lagerhaft verurteilt: wegen der angeblichen Finanzierung von Extremismus, wegen der Bildung einer extremistischen Gemeinschaft und wegen des Aufrufs zu Extremismus im Internet. Zum Zeitpunkt seines Prozesses befand sich Nawalny bereits im Gefängnis, die Verhandlung fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Im Sommer 2020 erkrankte Nawalny an Bord eines Flugzeugs akut, er fiel ins Koma und wurde in ein Krankenhaus in Omsk gebracht. Auf massiven öffentlichen Druck wurde er einige Tage später in die Berliner Charité verlegt. Die deutsche Regierung gab später bekannt, dass Nawalny mit einem Nervengift der "Nowitschok"-Gruppe vergiftet worden war, was anschließend durch unabhängige journalistische Recherchen bestätigt wurde. Man konnte beweisen, dass der russische Geheimdienst FSB versucht hatte, Nawalny zu ermorden. Er war über einen längeren Zeitraum hinweg von Agenten des FSB auf Schritt und Tritt verfolgt worden. Es konnte sogar nachgewiesen werden, dass es sich dabei um dieselben handelte, die auch auf den Politiker Wladimir Kara-Mursa (auf den zwei Giftanschläge verübt wurden), den Schriftsteller Dmitrij Bykov und andere Oppositionellen angesetzt worden waren.

Obwohl ihm vollkommen bewusst war, welches Risiko er einging, kehrte Nawalny im Januar 2021 nach Russland zurück. Er wurde direkt am Flughafen festgenommen und sehr schnell zu vorläufig 3,5 Jahren Gefängnis verurteilt. Kurz darauf wurde das Strafmaß auf 9 Jahre erhöht. Über einen Zeitraum von anderthalb Jahren, erzählte Nawalny, hielt er ganze siebenmal ein Schlussplädoyer vor Gericht. Die Strafverfahren gegen ihn hatten zunehmend Ähnlichkeit mit einer Komödie. Im letzten seiner insgesamt vier Prozesse wurde das Strafmaß auf 19 Jahre angehoben.

Das neueste Urteil schockiert nicht nur wegen des exorbitanten Strafmaßes. Es wurde zusätzlich Antrag auf verschärfte Haftbedingungen gestellt, wie sie normalerweise nur für Terroristen und Serienmörder vorgesehen sind. In den Zellen brennt Tag und Nacht ununterbrochen Licht, den Häftlingen ist jeglicher Kontakt zu anderen Inhaftierten untersagt, sie dürfen nicht einmal ihre Verwandten sehen und in den ersten 10 Jahren ihrer Haft ist nicht einmal Briefverkehr erlaubt.

In den letzten Jahren haben die russischen Behörden nicht nur Nawalny selbst verfolgt, sondern auch seine regionalen Stäbe und seine Anti-Korruptions-Stiftung (FBK) zerschlagen, indem sie sie zu extremistischen Organisationen erklärt haben. Es gab schon Dutzende von Strafverfahren gegen ehemalige Mitarbeiter: Lilija Tschanyschewa erhielt 7,5 Jahre Gefängnis, Wadim Ostanin, der Leiter des Stabs in Barnaul 9 Jahre, Daniel Kholodny, technischer Direktor des YouTube-Kanals „Nawalny-LIVE“ 8 Jahre.

Trotz allem setzt Nawalnys Team seine Arbeit vom Ausland aus fort und deckt immer wieder neue Fälle von Korruption und Beispiele des dekadenten Lebensstils russischer Staatsbeamter auf.

Am 16. Februar 2024 starb Nawalny in der Kolonie „Polarwolf“ im Norden Russlands, in der Permafrostzone, offiziell unter ungeklärten Umständen. Sein Mitkämpfer Ilja Jaschin und andere Oppositionelle sind sich sicher: Der Befehl, Nawalny zu töten, wurde von Wladimir Putin persönlich erteilt.

Eine Kundgebung in Zürich, Schweiz, zum Gedenken an Alexej Nawalny.
Foto: Novaya Gazeta Europa

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